Thomas Cena
WELLEN UND TEILCHEN



© Cena, 2009

13.10. - 14.11.2009

Eröffnung, Dienstag, 13.10.2009, 20:00 Uhr
Einführung: Alexander Steig
Geöffnet: dienstag, 19:00 - 22:00 Uhr u. n. tel. Vereinb.

Kunstverein Via113 - kleine Venedig 1a - 31134 Hildesheim - www.via113.de - 0174/6710104

Die Welt durchs Fliegengitter
Im Kunstverein Via 113 zeigt Thomas Cena fahl-romantische Gegenwartsorte

Von André Mumot

„Im Grunde bin ich ein Hardcore-Romantiker, das gebe ich ganz ironiefrei zu“, sagt Thomas Cena, als er vor seinen eigenen Bildern steht, fügt aber lächelnd hinzu: „Allerdings ein eher kalter Hardcore-Romantiker.“

Ja, die Welten, die er an der Peripherie unserer Alltagswirklichkeit einfängt sind rätselhaft, geheimnisvoll, geradezu verwunschen und zugleich spröde, mit großer Distanz betrachtet. Die Tatsache aber, dass der 1970 in Kattowitz geborene Künstler, der heute in Hannover lebt und arbeitet, tatsächlich ganz klassische Bilder zeichnet und malt, macht ihn im „Kunstverein Via113“ unweigerlich zum Traditions-Exoten. Ist doch die kleine Galerie für gewöhnlich ganz auf verzwickte Konzeptkunst spezialisiert, die dem Betrachter nicht so furchtbar viel zu sehen, dafür aber umso mehr zum Nachdenken vorsetzt.

Diesmal also ist alles etwas anders. „Wellen und Teilchen“ heißt die Ausstellung von zehn Arbeiten, die Thomas Cena in den letzten zwei Jahren angefertigt hat – ein Titel, der sich auf seine Beschäftigung mit dem Licht bezieht und ihn so nicht nur mit der Romantik, sondern auch mit dem Impressionismus verbindet. Auch bei ihm flirrt das Licht, schafft Konturen und löst sie im Auge des Betrachters wieder auf.

Um diesen Effekt zu erreichen, schraffiert er in seinen großen Zeichnungen den gesamten Untergrund, legt feine Strichnetze über das Papier und beginnt dann in detailverliebtem Realismus seine Landschaften und Gebäude in das vorgegebene Raster hineinzusetzen. Das Ergebnis ist eine Welt wie durch ein feines Fliegengitter gesehen: Industriegebäude, die sich verlassen wie romantische Sehnsuchtsburgen hinter Baum- und Strauchballungen hervorheben. Eine spiegelnde, leicht bewegte Wasserfläche, die sich der Abstraktion nähert, wenn man dichter an sie herantritt.

„Ich benutze den Kohlestift letztlich wie einen Pinsel“, erklärt Cena, und so ist es wohl auch kein Wunder, dass der Zeichner vor Kurzem auch wieder zur Malerei selbst zurückgefunden hat, die er lange Jahre aufgegeben hatte. Auch die Landschaften auf den acht Gemälden, die hier zu sehen sind, lassen sich wie durch einen Nebelschleier wahrnehmen, die Farben sind fahl, entrückt. Blechhallen an einem Baggersee, ein Kuppelgebäude auf dem Brocken, eine leer stehende Industrieellenvilla, versteckt hinter wild wucherndem Buschwerk: alles ist menschenleer, alles macht melancholisch und alles fasziniert. Es ist doch fast zu klein, zu eng hier in der „Via 113“, denn man möchte zwangsläufig mehr sehen von Cenas fahlen Welten, von seiner kalten, handwerklich beeindruckend präzise gearbeiteten Romantik. Umso erfreulicher, dass der Kunstverein ihr eine kleine Stippvisite ermöglicht hat und uns einen ersten Kontakt.

HAZ, 25.10.2009

 

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